Plattentektonik: Geophysikalische und klimatische Auswirkungen

Plattentektonik: Geophysikalische und klimatische Auswirkungen
Plattentektonik: Geophysikalische und klimatische Auswirkungen
 
Für alle Bewohner der Erde, die sich ja alle auf einer der über den Erdmantel driftenden Platten befinden, ändern sich im Lauf der Zeit die Positionen des Nordpols und des Südpols. Es handelt sich bei dieser wahrgenommenen Änderung aber nur um eine scheinbare Polwanderung, die deshalb als scheinbar bezeichnet wird, weil sich nicht die Lage der Rotationsachse gegenüber dem Erdmantel verändert, sondern die geographische Position des Betrachters auf einem bewegten Kontinent. Dasselbe Phänomen erlebt ein Schiffsreisender auf einer Nord-Süd-Route.
 
Die scheinbare Polwanderung ist für Beobachter auf verschiedenen Kontinenten im Allgemeinen unterschiedlich, entsprechend der jeweiligen kontinentalen Drift. Wandert dabei ein Kontinent in andere geographische Breitenzonen, so ändert sich mit der Drift auch langsam das Klima auf dem Kontinent. Daher beeinflussen die Vorgänge der Plattentektonik die Entwicklung des Lebens nicht nur, weil ehemalige Landbrücken gekappt werden oder neue entstehen, sondern auch aus klimatischen Gründen.
 
Nicht restlos geklärt ist bislang, ob es auch eine wirkliche Polwanderung gibt, wie sie bereits Alfred Wegener gefordert hatte und von deren Existenz er überzeugt war. Bei einer wirklichen Polwanderung verlagert sich die Rotationsachse der Erde gegenüber dem gesamten Erdkörper. Wegener nannte dies treffend »innere Achsenverlagerung«.
 
 Kann die Erde kippen?
 
Zunächst waren die Geowissenschaftler des 20. Jahrhunderts davon überzeugt, dass die Erde ein sehr fester, nur schwer deformierbarer Körper sei, dessen 21 Kilometer dicker Äquatorwulst die Lage seiner Rotationsachse stabil halten sollte. Man hielt es für unwahrscheinlich, dass der Erdkörper gegenüber seiner aus himmelsmechanischen Gründen raumfesten Drehimpulsachse langsam kippen könnte. Doch inzwischen weiß man, dass der Widerstand des Erdmantels gegenüber deformierenden Kräften gar nicht so groß ist, zumal der Kern ohnehin flüssig ist. Genauere Abschätzungen ergaben für die Viskosität der säkularflüssigen Mantelgesteine Werte um 3·1021 Pa·s (Pascalsekunden). Früher ermittelte Werte lagen um drei bis vier Größenordnungen darüber — eine so hohe Viskosität schloss wirkliche Polwanderungen praktisch aus.
 
Für diese Abschätzung zog man etwa die Hebungsraten der Erdoberfläche nach dem Ende der letzten Vereisung von Kanada und Skandinavien heran. Dabei muss man sich vergegenwärtigen, dass die Erde nach den Gesetzen der Kreiseltheorie um die Achse ihres größten Trägheitsmoments rotiert. Normalerweise besitzt jeder Körper drei Hauptträgheitsachsen, die aufeinander senkrecht stehen. Es handelt sich um die Achse seines größten, seines kleinsten und eines mittleren Trägheitsmoments. Dabei können nur die Achsen des größten und des kleinsten Trägheitsmoments freie Rotationsachsen sein. Das Letztere ist zum Beispiel beim Drall von Geschossen realisiert.
 
Abgesehen vom Äquatorwulst unterscheiden sich die Hauptträgheitsachsen der Erde nur wenig voneinander. Für die Differenzen sorgen Masseunregelmäßigkeiten des Erdkörpers. Diese sind zum Teil dynamisch bedingt, was bei der Behandlung der Geoid-Undulationen deutlich wurde. Will man die Masseunregelmäßigkeiten quantitativ erfassen, so muss man sie auf eine nicht rotierende Erde beziehen. Schließlich sorgt die Fliehkraft der Erdrotation für die größte Masseanomalie, nämlich die Abplattung der Pole beziehungsweise den Äquatorwulst. Diese ist daher Folge und nicht Ursache der Lage der Rotationsachse.
 
Dabei muss man die Erde als einen zähflüssigen Körper ansehen. Er passt sich langsam den veränderten Achsenlagen an, sodass die Erde schließlich um die Achse ihres größten Trägheitsmoments rotiert, die aber allein von den genannten Masseanomalien bestimmt wird. Der Äquatorwulst ist nach heutigem Verständnis also nicht der große Stabilisator der Erdrotation, vielmehr verzögert er nur die Anpassung der Rotationsachse an veränderte Masseverteilungen beziehungsweise Trägheitsachsen. Er hat lediglich dämpfenden Einfluss, was für den Verlauf von Klimaänderungen und anderen Prozessen sehr wichtig ist.
 
In den Geoid-Undulationen kommen die Masseunregelmäßigkeiten zum Ausdruck, die die Hauptträgheitsmomente der Erde bestimmen. Sie sind über lange geologische Zeiträume hinweg relativ stabil, die Plattenbewegungen beeinflussen sie nur wenig. Am Geoid zeigt sich ja, dass die positiven Anomalien stark mit den relativ ortsfesten Plume-Provinzen verknüpft sind. Die hier von den aufsteigenden Materieströmen angehobene Erdoberfläche sollte daher die Lage der größten Hauptträgheitsachse festlegen. Dies bestätigt die Lage der positiven Geoid-Undulationen: sie und somit auch die Massen, die für die Lage der Rotationsachse im Erdkörper verantwortlich sind, liegen symmetrisch zum Äquator. Auf dem Mars kann man übrigens ähnliche Beobachtungen machen. Beim Mars-»Geoid«, das noch viel ausgeprägtere Anomalien als das Geoid der Erde aufweist, liegen die maximalen positiven Undulationen ebenfalls am Äquator, und damit dort, wo auch die topographischen Hochlagen und hohen Vulkankegel zu finden sind.
 
 Verlagerung der Hauptträgheitsachsen
 
Kehren wir mit diesem Vorwissen zu der Frage nach wirklichen Polwanderungen zurück. Der Superkontinent Pangäa lag vor etwa 400 Millionen Jahren über dem Südpol und die getrennten Kontinente sind seitdem nordwärts gewandert. Zur Zeit der permokarbonischen Vereisung vor ungefähr 300 Millionen Jahren lag der Südpol schon rund 2800 Kilometer weiter südlich. Das bedeutet, dass entweder Pangäa um diesen Betrag nach Norden gedriftet ist, oder dass sich der gesamte Erdkörper gegenüber seiner Rotationsachse entsprechend nach Norden geneigt hat. Die zweite, wahrscheinlichere Erklärung fordert jedoch, dass die Pole wirklich gewandert sind. Diese Polwanderung muss sich danach noch fortgesetzt haben, denn der Südpol liegt heute um weitere 5300 Kilometer weiter südlich.
 
Für die Hypothese, dass zur Zeit Pangäas eine wahre Polwanderung stattgefunden hat, also der gesamte Erdkörper um rund 90º gekippt ist, gibt es eine plausible Erklärung: Die Hauptträgheitsmomente der nicht-rotierenden, und damit äquatorwulstlosen Erde unterscheiden sich nur wenig. Daher können stärkere Änderungen der oben genannten Masseanomalien die Hauptträgheitsmomente so verändern, dass die Achsen des größten und des kleinsten Trägheitsmoments ihre Rollen vertauschen. Dann aber muss die Rotationsachse, die mit der Achse des größten Trägheitsmoments zusammenfällt, um 90º kippen — die Pole würden sich ebenfalls um 90º verlagern.
 
Und so kann man sich die geologischen Vorgänge dabei vorstellen: Als Pangäa sich noch am Südpol befand, hob der im unter ihr liegenden Erdmantel hervorgerufene Wärmestau die Erdoberfläche empor. Dieser Hub genügte, um den Rollentausch der Hauptträgheitsmomente einzuleiten. Die Erde musste ihre Rotationsachse so verlagern, dass die Überschussmasse der angehobenen Pangäa zum Äquator wanderte, und damit senkrecht zur Rotationsachse zu liegen kam. Der sich nur langsam an diese Achsenverlagerung anpassende Äquatorwulst verhinderte lediglich, dass der Erdkörper dabei schnell kippte.
 
Die Anpassung des Äquatorwulsts an die neue Lage der Rotationsachse erfolgte übrigens weniger durch elastische Deformation des Erdkörpers als durch den langsamen Fluss der viskosen Massen im Erdmantel. Diese im wahrsten Sinn des Worts fließende Anpassung dauerte ungefähr 10 000 Jahre. In diesem Zeitraum hatte sich der Äquatorwulst an eine plötzlich auftretende, neue Lage der Rotationsachse fast vollständig angepasst. Die Polwanderung durch Kippen des Erdkörpers würde erheblich länger dauern, weil sich der Erdkörper nicht an eine einzige, plötzliche Lageänderung der Rotationsachse anpassen müsste, sondern an stetig ablaufende, kleine Lageverschiebungen.
 
Die Heraushebung Pangäas und die vor etwa 200 Millionen Jahren einsetzenden Riftprozesse, die letztlich dazu führten, dass sich der Superkontinent in die heutigen Kontinente aufspaltete, hängen eng mit der starken thermischen Isolationswirkung der riesigen Kontinentalplatte gegenüber dem darunter liegenden Erdmantel zusammen. Damit dieser zunächst in Gang gekommene Prozess weiterlaufen konnte, musste das thermisch aktive Mantelgebiet mit der Plume-Provinz unter Pangäa stationär bleiben. Dies war jedoch nur möglich, wenn Pangäa nicht wie ein Floß über den Mantel nordwärts driftete, sondern wenn es dadurch nach Norden wanderte, dass der gesamte Erdkörper die kippende Nordwärtsbewegung mitmachte. Mit andern Worten: Es muss sich eine wirkliche Polwanderung ereignet haben. Aufgrund der hier beschriebenen Prozesse ist es sehr schwer, an der Existenz wahrer Polwanderungen zu zweifeln.
 
 Zukünftige Entwicklung
 
Mit der Kenntnis der tektonischen Prozesse lassen sich nicht nur erdgeschichtliche Abläufe nachvollziehen. Reizvoll ist es auch zu fragen, wie sich die Erde wohl in künftigen geologischen Zeiträumen entwickeln wird.
 
Es gibt keinen Zweifel daran, dass die plattentektonischen Prozesse andauern werden, solange das Energiereservoir im Erdinnern den hierfür erforderlichen Energiebedarf decken kann. Als Energiequellen dienen, wie bereits erwähnt, jeweils etwa zur Hälfte die Zerfallswärme der radioaktiven Elemente in den Gesteinen des Mantels und die latente Schmelzwärme des äußeren, flüssigen Eisenkerns. Die Wärmeabstrahlung der Erde, also die Energiemenge, die die Erde verliert, wurde im Mittel mit 80 Milliwatt pro Quadratmeter gemessen. Ferner lässt sich aus theoretischen Überlegungen ableiten, dass diejenige Wärmeenergie, die aus dem Zerfall radioaktiver Elemente im Erdinnern stammt, in den letzten zwei Milliarden Jahren um etwa 25 % abgenommen hat. Setzt man diesen Verlust zum gesamten Wärmeverlust der Erde in Beziehung, dann bedeutet das: Die plattentektonische Aktivität wird über mindestens zwei Milliarden Jahre anhalten, auch wenn sie dabei allmählich schwächer wird.
 
Bedeutsamer sind Entwicklungen, die in der näheren geologischen Zukunft von einige Millionen Jahre eintreten können. So sind Polwanderungen, wie bereits erwähnt, mit Klimaänderungen verknüpft. Innerhalb der nächsten Million Jahre lassen sich indes hiervon bewirkte Klimaänderungen auschließen, da diese Zeitspanne zu kurz ist, um die Kontinente klimarelevant zu verschieben. Trotzdem könnten die mit der Plattentektonik einhergehenden tektonischen Deformationen der Erdoberfläche in das Klimageschehen eingreifen. Beispielsweise könnten Schwellen am Meeresboden auftreten, die den Austausch verschieden temperierter Wasserkörper behindern und die Meeresströmungen verändern.
 
Welche Bedeutung gerade Meeresströmungen für das Klima haben, zeigt auf eindrucksvolle Weise der Golfstrom. Er beschert dem atlantischen Europa ein gemäßigtes und ständig feuchtes Klima, das in diesen Breitengraden sonst nicht zu erwarten wäre — Oslo liegt fast so hoch im Norden wie Anchorage. Auch der Vulkanismus, ebenfalls eine Folge der tektonischen Aktivität, greift in das Klimageschehen ein. Man weiß heute allerdings, dass die durch Vulkanausbrüche in die Atmosphäre geschleuderten Staubmengen nicht die höheren Schichten der Atmosphäre erreichen. Sie fallen aufgrund ihrer Schwere relativ rasch wieder zu Boden oder werden vom Regen ausgewaschen und sind daher vielfach nicht so stark klimarelevant wie man dachte.
 
Gravierender jedoch wirkt sich das bei Vulkaneruptionen in großen Mengen ausgestoßene Schwefeldioxid aus. Dieses Gas absorbiert einen Teil der Sonnenstrahlung und hat daher eine starke Kühlwirkung; es erreicht stratosphärische Schichten, in denen es lange verharren kann. Die Kühlwirkung konnten Klimaforscher unter anderm beim verheerenden Ausbruch des Pinatubo (1991) verfolgen. Messungen ergaben, dass diese Vulkaneruption die globale Durchschnittstemperatur um 0,3 bis 0,5º C senkte. Solche Zusammenhänge zwischen starker vulkanischer Tätigkeit und Kälteperioden oder Kaltzeiten konnten vielfach nachgewiesen werden, zum Beispiel für die Würm-Eiszeit. Dagegen entsprach der Temperaturanstieg der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts einer erstaunlich geringen vulkanischen Aktivität. Anderseits trägt aber das ebenfalls bei Vulkanausbrüchen frei werdende Kohlendioxid zum Treibhauseffekt bei.
 
 Die nächste Eiszeit
 
Erweitert man die Zukunftsperspektive auf einen Zeitraum von viele Millionen Jahre, dann kommt die klimabeeinflussende Wirkung der Plattentektonik voll zum Tragen. Das liegt nicht nur an den bereits angesprochenen Polwanderungen. Die Intensität, mit der plattentektonische Prozesse in der Erdgeschichte ablaufen, ist nämlich nicht konstant. Dies macht etwa das Beispiel Pangäa deutlich. So gibt es Perioden stärkerer tektonischer Aktivität, die mit Zeitabschnitten geringerer Aktivität abwechseln. In solchen aktiven Phasen entstehen stark akzentuierte Reliefs, Hochflächen und Hochgebirge. Zudem verringert sich dabei die vom Meer bedeckte Erdoberfläche. Dadurch neigen sehr hoch gelegene Landflächen zur Vergletscherung; die ausgleichende Wirkung des Weltmeers als großes Wärmereservoir auf die Temperatur der Erde wird reduziert. Kühlere Epochen einschließlich großer Vereisungen sind die Folge der Reliefverstärkungen. Man spricht in diesem Fall von einer »geokratischen« Epoche. So zeichnet sich auch unsere Zeit durch eine besonders hohe tektonische Aktivität aus.
 
Ein Nachlassen der plattentektonischen Aktivitäten führt umgekehrt dazu, dass das Erdrelief eingeebnet wird und dass der vom Weltmeer bedeckte Anteil der Erdoberfläche größer wird. Aus diesem Grund spricht man hier von »thallatokratischen« Perioden. Sie weisen ein wärmeres, ausgeglichenes Klima auf, wozu die im Meerwasser gespeicherten Wärmemengen wesentlich beitragen. Ein solches wärmeres, ausgeglichenes Klima herrschte etwa im älteren Präkambrium, im frühen Kambrium, im Ordovizium, Silur und Devon, dann wieder im Jura und in der Kreide.
 
Die Zeitspanne vom Tertiär bis zur Jetztzeit ist demgegenüber von geokratischen Verhältnissen geprägt. Die heute besonders hohe tektonische Aktivität lässt sich durchaus mit dem Eintritt des Eiszeitalters mit seiner Abfolge von Kalt- und Warmzeiten in Verbindung bringen. Dabei sollte man sich klar machen, dass erst mehrere Faktoren gemeinsam solche Temperatureinbrüche bewirken. Die vom jugoslawischen Astronomen Milutin Milanković berechneten Änderungen der Sonneneinstrahlung — er griff hierfür auf die periodischen Schwankungen der Umlaufbahn der Erde um die Sonne zurück — können nicht alleinige Ursache der eiszeitlichen Klimaschwankungen sein. Dann nämlich müssten regelmäßig immer wieder Eiszeiten aufgetreten sein. Schließlich veränderte sich die Erdbahn um die Sonne schon immer streng periodisch. Eiszeiten sind jedoch geologisch kurze Episoden, die von langen Zeiträumen ohne derartige Ereignisse getrennt sind.
 
Unbestritten ist, dass die in den Milanković-Kurven erscheinenden Abschwächungen der Sonneneinstrahlung bereits vorhandene Temperatursenkungen verstärken konnten. Gegenwärtig befinden wir uns in einer »Zwischeneiszeit«, das heißt in einem Interglazial, einer Warmzeit. Diese Phase hält seit etwa 10 000 Jahren an. Länger dauern diese Perioden erfahrungsgemäß nicht, was sich an Eisbohrkernen aus dem grönländischen Inlandeis ablesen lässt. Daher steht der Erde der Beginn einer neuen Kaltzeit bevor.
 
Beim Beginn der Vereisung tritt ein Rückkopplungseffekt auf. Schmilzt erst einmal eine geschlossene Schneedecke im Sommer nicht mehr weg, dann verstärkt sie selbst den Abkühlungsprozess. Sie verhindert, dass die Sonneneinstrahlung den Boden wie gewohnt aufheizt — die Lufttemperaturen sinken weiter, die Schneedecken werden mächtiger. Der Abkühlungsprozess schaukelt sich also gewissermaßen auf. Vor diesem Hintergrund erscheint das Auftreten einer Warmzeit besonders schwer verständlich. Der Temperaturanstieg muss besonders stark sein, denn zunächst einmal müssen die beträchtlichen Eismassen abtauen, die sich während der rund 100 000 Jahre währenden Kaltzeit angesammelt haben. Erst danach kann die Erwärmung auf das Klima durchschlagen.
 
Viele Wissenschaftler schließen heute nicht mehr aus, dass die Strahlungskraft der Sonne schwankt. Ein Indiz dafür sind Klimaschwankungen innerhalb der Warmzeiten. So gilt zwar die gegenwärtige Warmzeit als besonders stabil, dennoch schwankte auch ihr Klima. Ein Beispiel hierfür liefert die »Kleine Eiszeit« zwischen 1450 und 1850, deren stärkstes Temperaturminimum in die zweite Hälfte des 17. Jahrhunderts fiel. Just zu jener Zeit traten sehr wenige Sonnenflecken auf oder sie fehlten sogar ganz. Dies spricht dafür, dass eine geringere Aktivität der Sonne mit fallenden Temperaturen auf der Erde korreliert ist.
 
Plattentektonische Aktivitäten kann man zwar nicht für alle Klimaschwankungen verantwortlich machen, aber sicher für die großen Klimaumschwünge, die für das Leben auf der Erde von einschneidender Bedeutung waren. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass das komplizierte System des Klimas kaum stabile, eher nur metastabile Zustände kennt. Bereits geringe Änderungen der beteiligten Faktoren können die Welt des Menschen und das Leben auf der Erde insgesamt tief greifend verändern. Aus diesem Grund sind Prognosen künftiger Klimaverhältnisse besonders schwierig.
 
Immerhin lässt die Klimageschichte durchaus Regelhaftigkeiten erkennen, auf deren Basis man Prognosen ableiten kann, die ein gewisses Maß an Eintrittswahrscheinlichkeit aufweisen. Hierbei sind auch die Milanković-Zyklen wichtig. Demnach steht uns vermutlich eine weitere »Kleine Eiszeit« bevor, die im weiteren Verlauf in eine neue Eiszeit einmünden könnte. Die plattentektonischen Voraussetzungen hierfür liegen vor. Die Untersuchungen an Eisbohrkernen belegen, dass solche Umschwünge von Warm- zu Kaltzeiten und umgekehrt oft schnell — in nur 100 bis 200 Jahren — erfolgen. Mit Klimakatastrophen muss man also durchaus rechnen. Sie gehören gewissermaßen zur Normalität der Erde.
 
Prof. Dr. Klaus Strobach
 
Grundlegende Informationen finden Sie unter:
 
Plattentektonik: Antrieb durch die Mantelkonvektion
 
 
Bolt, Bruce A.: Erdbeben. Schlüssel zur Geodynamik. Aus dem Englischen. Heidelberg u. a. 1995.
 Frisch, Wolfgang / Loeschke, Jörg: Plattentektonik. Darmstadt 31993.
 
Geodynamik und Plattentektonik, Einführung von Peter Giese. Heidelberg u. a. 1995.
 Hohl, Rudolf / Thieme, Klaus: Wandernde Kontinente. Lizenzausgabe Rastatt 1989.
 Köppen, Wladimir / Wegener, Alfred: Die Klimate der geologischen Vorzeit. Berlin 1924.
 Seibold, Eugen: Das Gedächtnis des Meeres. Boden, Wasser, Leben, Klima. München u. a. 1991.
 
Vulkanismus. Naturgewalt, Klimafaktor und kosmische Formkraft, Einführung von Hans Pichler. Heidelberg 21988.
 Wegener, Alfred: Die Entstehung der Kontinente und Ozeane. Neuausgabe Braunschweig 1980.

Universal-Lexikon. 2012.

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